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Autoimmunerkrankungen mit Nierenbeteiligung

Bei Autoimmunkrankheiten wird körpereigenes Gewebe vom eigenen Immunsystem angegriffen. Eine ganze Reihe dieser Erkrankungen kann mit teils erheblichen Schädigungen der Nierenfunktionen einhergehen.

Bereits der berühmte deutsche Mediziner Paul Ehrlich (1854 – 1915) hatte die Gefahr solcher Autoimmunreaktionen, die er als „horror autotoxicus“ bezeichnete, erkannt. Was genau hinter diesem Horror steckt, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Eine Hypothese geht davon aus, dass Autoimmunkrankheiten durch Infektionen mit Bakterien, Viren oder anderen Mikroorganismen entstehen, deren Oberflächenstrukturen teilweise identisch mit denen von körpereigenen Zellen sind. Die Folge ist eine Entzündung des Organs und die Vernichtung von Zellen. Eine Nierenkörperchenentzündung kann zu einem Nierenversagen führen.

Zu den häufigsten Krankheitsbildern mit Nierenbeteiligung zählen  

Behandelt wird meist mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken und damit die Reaktion auf das körpereigene Gewebe abschwächen. Oft kann dadurch die Erkrankung in Schach gehalten werden. Sind die Nieren und andere Organsysteme jedoch dauerhaft geschädigt, ist eine interdisziplinäre Therapie unter Beteiligung verschiedener Spezialist:innen für Innere Medizin sinnvoll. Die Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie ist eine von zehn internistischen Abteilungen am Robert Bosch Krankenhaus, so dass diese Zusammenarbeit bei komplexen Krankheitsbildern bestens gewährleistet ist.

Lupus erythematodes

Die Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes, kurz LE, gehört zu den sogenannten Kollagenosen. Es gibt LE-Formen, bei denen nur die Haut betroffen ist. Zu diesen kutanen Lupus-Formen, kurz CLE, gehören unter anderem chronisch diskoider und subakut kutaner Lupus erythematodes, Lupus erythematodes tumidus und Lupus erythematodes profundus. Vom kutanen Lupus abzugrenzen ist der systemische Lupus erythematodes, SLE. Er beschränkt sich nicht auf die Haut, sondern kann sich potenziell auf alle Gewebe und Organe des Körpers erstrecken.

Die vom Immunsystem gebildeten Antikörper dienen der Abwehr von Krankheitserregern. Bei Patient:innen mit SLE bilden spezielle weiße Blutkörperchen, die sogenannten B-Lymphozyten, unter der Regie der T-Lymphozyten jedoch fehlgeleitete Antikörper: Sie richten sich gegen körpereigene Gewebestrukturen, weil sie diese fälschlicherweise als fremd ansehen. Treffend als Autoantikörper bezeichnet, gelangen diese über den Blutkreislauf in alle Bereiche des Körpers. So können sie überall in den Geweben und Organsystemen schädliche akute und chronische Entzündungsreaktionen auslösen. Daher kommt auch der Beiname systemischer LE.

Was genau zu den Autoimmunreaktionen beim SLE führt, ist bislang nicht ganz geklärt. Vermutet wird, dass die Erkrankung durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren entsteht. Weibliche Geschlechtshormone, allen voran Östrogene, erhöhen das Risiko für einen SLE. Das gilt auch für Schwangerschaften und die Einnahme der Antibabypille. Neben diesen hormonellen Faktoren spielen auch Virusinfektionen ganz offensichtlich eine ursächliche Rolle. Bei den Umwelteinflüssen steht UV-Strahlung ganz oben auf der Liste der möglichen (Mit-)Auslöser.

Selten sind auch Medikamente die Trigger für die Entwicklung eines SLE. Dazu kann unter anderem durch TNF-Alpha-Antagonisten, Immunsuppressiva wie Sulfasalazin sowie einige Wirkstoffe gegen Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen kommen. Nach dem Absetzen dieser Medikamente verschwinden die Beschwerden jedoch wieder.

Die auftretenden Beschwerden sind enorm vielfältig und variieren auch häufig. Häufige unspezifische Allgemeinsymptome sind Fieber, Abgeschlagenheit und ungewollter Gewichtsverlust sowie Gelenkbeschwerden.

Unter den Organbeteiligungen ist die Nierenentzündung die häufigste und gefährlichste. Das Tückische an einer solchen Lupus-Nephritis ist, dass sie kaum Beschwerden verursacht und deshalb lange unentdeckt bleibt. Erst Blut- und Urinuntersuchungen bringen sie ans Licht.
Es kann zudem zu einer Entzündung des Lungenfells kommen. Dies verursacht oftmals starke Schmerzen beim Atmen.

Die häufigste SLE-Folge am Herzen ist eine Herzbeutelentzündung, Perikarditis. Sehr selten entzündet sich der Herzmuskel, Myokarditis.

Typische Symptome an der Haut sind Rötungen im Gesicht, die der Gestalt eines Schmetterlings ähneln – deshalb Schmetterlingserytheme genannt. Weitere Veränderungen sind klar begrenzte fleckförmige Hautausschläge.

Bei rund der Hälfte der Patient:innen sind die Blutgefäße involviert. Dies kann in Form einer Gefäßentzündung, Vaskulitis, oder durch das Raynaud-Syndrom in Erscheinung treten. Hierbei kann es durch Kälte oder Vibration zu einer Engstellung der Fingerarterien kommen, wodurch sich einzelne oder alle Finger erst plötzlich weiß und dann rot färben und Schmerzen verursachen.
Der Befall des Nervensystems zeigt sich durch Kopfschmerzen, Migräne, Konzentrationsstörungen oder Krampfanfälle.

Gerade zu Beginn verläuft ein SLE bei vielen der Betroffenen in Schüben.

Untersuchungen bei Lupus erythematodes

Zur Feststellung eines SLE sind mehrere umfassende Untersuchungen erforderlich. Ein Eckpfeiler der Diagnostik sind spezielle immunologische Blutuntersuchungen. Mit diesem sogenannten immunologischen Labor können wir für SLE relevante Antikörper im Blut nachweisen und ihre Konzentration bestimmen. Dazu gehören unter anderem antinukleäre Antikörper, Antiphospholipid-Antikörper sowie Antikörper gegen dsDNS und Sm. Darüber hinaus bestimmen wir den Gehalt an Kreatinin im Blut. Das gibt uns wichtige Hinweise auf die Nierenfunktionen, die beim SLE wie erwähnt deutlich beeinträchtigt sein können.

Urinuntersuchungen geben uns zudem Aufschluss über die Nieren: Finden sich vermehrt Eiweiß und rote Blutkörperchen im Urin, deutet dies auf gestörte Nierenfunktionen hin. Zur Sicherung des Nierenbefalls durch den SLE und zur Planung der Therapie führen wir auch eine ultraschallgesteuerte Punktion der Niere durch, bei der wir Gewebeproben zur mikroskopischen Untersuchung entnehmen.

Behandlung bei Lupus erythematodes

Die Behandlung des SLE hängt davon ab, welche Organe betroffen sind und wie stark die Krankheitsaktivität ist. Die eingesetzten Medikamente dienen dazu, die Entzündungsreaktionen und die überhöhte Aktivität des Immunsystems herabzusetzen. Das bessert nur die Symptome. Denn eine Heilung ist derzeit noch nicht möglich.

Das Antimalariamittel Hydroxychloroquin ist beim SLE das Basismedikament. Denn es wirkt positiv auf Krankheitsverlauf sowie Haut- und Gelenkbeschwerden, und hat zudem einen schützenden Effekt auf die Nieren.

Standard in der SLE-Therapie sind ferner Kortison-Präparate, um das überaktive Immunsystem herunter zu regeln. Zu dem Zweck, die köpereigene Abwehr zu beruhigen, setzen wir darüber hinaus sogenannte Immunsuppressiva und Biologika wie den monoklonalen Antikörper Belimumab ein.

Auch wenn die Diagnose zunächst sicherlich oft beängstigend und diese Krankheit bislang nicht heilbar ist: Lupus-Patient:innen können inzwischen ein weitgehend normales Leben führen. Dank moderner Behandlungsoptionen ist SLE kontrollierbar und hat eine gute Prognose.

Thrombotische Mikroangiopathie

Diese seltene Erkrankung führt durch Schäden in kleinsten Blutgefäßen, den Kapillargefäßen, zu einer Störung der Mikrozirkulation. Prinzipiell können alle Organe und Gewebe von einer thrombotischen Mikroangiopathie, kurz TMA, betroffen sein.

Am häufigsten werden jedoch das zentrale Nervensystem, ZNS, und die Nieren in Mitleidenschaft gezogen. Das kann zum Teil schwerwiegende Folgen wie ein Nierenversagen haben.

Eine TMA kann durch erbliche Störungen in der Regulation von Teilen des angeborenen Immunsystems, einer sogenannten Komplementdysregulation entstehen. Doch auch bakterielle Infektionen des Darmes können die Ursachen sein.

Allgemeine, allerdings unspezifische Krankheitszeichen sind Fieber, zum Teil hohes, und Abgeschlagenheit. Charakteristisch ist eine Störung der Thrombozytenaggregation, der Verklumpung der Blutplättchen. Dies bewirkt eine erhöhte Blutungsneigung. Weiterhin besteht häufig eine Thrombozytopenie, ein Mangel an Blutplättchen.

Die Nierenbeteiligung zeigt sich durch eine deutlich herabgesetzte Harnproduktion, Oligurie oder Anurie. Zudem ist der Wert an Kreatinin stark erhöht.

Zudem kann es zu Störungen der Hirnleistungen kommen.

Untersuchungen bei thrombotischer Mikroangiopathie

Auch bei einer thrombotischen Mikroangiopathie sind umfangreiche immunologische Blutuntersuchungen erforderlich. Essentiell ist ferner die Bestimmung des Kreatinin-Werts im Blut: Er ist ein wichtiger Marker für die Nierenfunktionen. Bei den Urinuntersuchungen sind vor allem die Konzentrationen an Eiweiß und roten Blutkörperchen relevant. Sind diese erhöht, ist das ein Indiz für eine Nierenschädigung.

Behandlung einer thrombotischen Mikroangiopathie

Eine thrombotische Mikroangiopathie ist bislang nicht heilbar. Die Behandlung beschränkt sich auf die Linderung der Symptome.
Dazu setzen wir unter anderem Plasmaaustauschverfahren ein. Dabei wird den Patient:innen Blut entnommen und außerhalb des Körpers in Plasma und Restblut aufgetrennt. Das Restblut führen wir wieder zu. Das Plasma wird durch Albumin-Lösungen oder spezielle Plasmakonzentrate ersetzt. Zusätzlich behandeln wir mit Immunsuppressiva.

Können die Nieren ihre Funktionen nicht mehr ausreichend erfüllen, müssen die Betroffenen regelmäßig zur Dialyse.

ANCA assoziierte Vaskulitis

Bei einer Vaskulitis handelt es sich um eine Entzündung von Blutgefäßen. Die Erkrankung kann lebensgefährliche Schäden an allen Organen des Körpers verursachen.

Besonders gefährdet sind die Nieren: Ihre Beteiligung ist die häufigste Organkomplikation und kann bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz mit Dialyseplicht führen.

Eine Vaskulitis wird durch generalisierte Autoimmunerkrankungen hervorgerufen, bei denen das Immunsystem die eigenen Blutgefäße angreift. Bei der ANCA assoziierten Vaskulitis, kurz AAV, erfolgen die Angriffe durch Anti-Neutrophile Cytoplasmatische Antikörper, kurz ANCA.

Fieber, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, ungewollter Gewichtsverlust sowie Gelenk- und Muskelschmerzen sind unspezifische Symptome der Erkrankung. Ansonsten richten sich die Beschwerden danach, welche Organe am meisten betroffen sind.

Untersuchungen bei einer Vaskulitis

Bei der Diagnostik wird das Blut auf spezifische immunologische Marker der Erkrankung untersucht. Zudem entnehmen wir eine Gewebeprobe aus befallenen Organen, meist den Nieren.

Behandlung einer Vaskulitis

Zur Behandlung kommen Medikamente zum Einsatz, welche die Aktivität des Immunsystems unterdrücken: die Immunsuppressiva. Je nach Schwere des Krankheitsverlaufs erhalten die Patient:innen diese in unterschiedlichen Dosierungen.

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und Prof. Dr. med. Jörg Latus

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